Der Weg aus der Isolation ist möglich
150 Jahre irrsinnige Geschichten
Unterstützung von Menschen mit psychischen Erkrankungen
Seit eineinhalb Jahrhunderten für Menschen mit psychischen Erkrankungen da: Das Kulturprozent der Migros Luzern unterstützt das Netzwerk traversa in seinem Jubiläumsjahr.
Publiziert 9. September 2024
Das Ziel von traversa
Eine behütete Bleibe, wenn Kraft für den Alltag fehlt. Ein bisschen Halt, wenn die eigene Welt aus den Fugen gerät. Oder einfach nur einige Stunden in wohltuender Gesellschaft: Das Netzwerk traversa hilft Menschen mit psychischen Erkrankungen genau da, wo es gerade «weh tut». «Unser Ziel ist es, die Lebenssituation von Menschen mit einer psychischen Erkrankung zu verbessern», erklärt Geschäftsleiterin Ursula Limacher. Dafür hat der Verein in den Kantonen Luzern, Nidwalden und Obwalden Angebote:
- Kostenlose professionelle Sozialberatung
- Tageszentrum
- Betreutes Wohnen
- und vieles mehr
Sie alle werden leider rege genutzt: Allein die sechs Wohnhäuser sind zu 97 Prozent ausgelastet.
Freude, trotz allem
Bei traversa gibt es dennoch viel Grund zur Zuversicht: «Eine unserer Erfahrungen ist, dass der Weg aus der krankheitsbedingten Isolation möglich ist», weiss Limacher. Viele haben das schon geschafft, einige von ihnen stehen den traversa-Klienten heute als Peer-Personen mit Rat zur Seite. Was ausserdem optimistisch stimmt? Die Geschichte von traversa. Betroffenen wird hier schon seit 1874 geholfen – damals unter dem wenig schmeichelhaften Namen «Hülfsverein für arme Irre des Kantons Luzerns»
Erfolgsgeschichte(n)
Unter dem Titel «Irr-sinnige Geschichten – seit 150 Jahren» feiert traversa heuer sein Jubiläum. «‹Irrsinnig› ist für uns durchaus zweideutig. Einerseits gehört Irrsinn als veralteter Begriff von psychischer Erkrankung zu unserer Historie. Aber das Wort wird ja auch als positive Verstärkung verwendet, wenn etwas ‹irrsinnig toll› ist», erläutert Limacher. Zumal es tatsächlich allerlei bemerkenswerte Geschichten zu erzählen gibt. Etwa die von Stefanie Lüthi: Bei der Bernerin wurden ADHS und Borderline diagnostiziert – Impulsivität, Unkonzentriertheit oder Verlustängste sind ihre stetigen Begleiter. «Allein zu wohnen, wurde für mich irgendwann unmöglich», erzählt die 37-Jährige.
Es ist immer jemand da, das schätze ich sehr.
Darüber reden hilft
Seit zwei Jahren lebt sie in traversa-Wohnhäusern, zurzeit im Horwer «Steinibach». Die Struktur, die Sicherheit und nicht zuletzt die Gemeinschaft, die sie vorfindet, helfen ‹Stefi›: «Es ist immer jemand da, das schätze ich sehr.» Mit dem stärkenden Umfeld kann sie immer wieder kleine Erfolge verzeichnen: «Ich habe gelernt, Hilfe anzunehmen und kann meinen Alltag viel besser bewältigen. Und: Ich habe gelernt, über meine Erkrankung zu reden – das nimmt viel Druck und gibt Freiheit!» Und etwas Zuversicht für den Weg zurück? In zwei Jahren, nach einer Weiterbildung, möchte Stefi wieder in einer eigenen Wohnung leben.