Albert Stirnimmann mit seinen Bienen
Frischer Waldhonig «Aus der Region»
Wenn es aus dem Walde summt ...
Von meinen «Be-ii» trenne ich mich zuletzt
Die Schwellung am Hinterkopf erinnerte noch einige Tage an den Besuch der Waldlichtung in Buchrain, wo Albert Stirnimann für die Migros Luzern Waldhonig gewinnt. Nur die Kollegin, die mit schützendem Imkerhut das Video drehte, ging am Ende des Tages ohne Bienenstich nach Hause. So oder so, den Imker juckts kaum noch: «Nach den ersten hundert Stichen ist man sozusagen immun», erzählt er mit einem Augen-zwinkern. Vor jeden Bienenkasten würde aber auch er sich nicht hinstellen: «Es gibt ganz andere, aggressivere Rassen, als meine gutmütigen Carnica-Bienen.» Kaum strecke man den Kopf hervor, sei man schon mit Stichen übersät. So gesehen, spricht das Schlussresultat von 1:1:0 Stichen tatsächlich für den Sanftmut seiner «Be-ii», wie er sie nennt.
Ein verrücktes Honigjahr
Schmerzhafter als Stiche sind für Stirnimann die anhaltend schlechten Wetterverhältnisse und zahlreichen weisellosen Bienenkästen. «Heuer ist nicht normal»: Noch nie zuvor seien so viele Jungköniginnen auf einmal ausgeschwärmt, die Alten eingegangen. Ohne einen schnellen Ersatz der Weisel – so nennt man die Königinnen – durch eigene Aufzucht oder Zukäufe drohen diese Völker brutlos auszusterben. Entsprechend oft und lange ist Stirnimann auf Achse. Es gilt, seine 140 Bienenvölker genau im Auge zu behalten. Und: Nur bis Mitte Juli dauert die generell unbeständige Waldhonigsaison. «Im Durchschnitt gibts nur alle zwei Jahre ein Waldhonigjahr.» Keine Angst: Die vergangenen zwei Jahre liefen so gut, dass der Imker über genügend Reserven verfügt. Ideal für die Produktion seien warm-feuchte Sommer mit nur schwachen Gewittern. Denn anders als beim Blütennektarhonig besteht Waldhonig hauptsächlich aus Honigtau. Diesen sammeln die Bienen von Nadel- und Laubbäumen ein. Regnet es zu stark, wird er weggewaschen. Stimmen hingegen die Bedingungen, entstehen an Rekordtagen bis zu sechs Kilogramm des süssen, dunkelgoldigen «Safts» – je nach Bienenvolk. Im Moment sind es ungefähr 1700 Gramm
Wertvolle Helfer
Seinen fleissigen Insekten fühlt sich Pensionär Stirnimann eng verbunden: «Von meinen ‹Be-ii› trenne ich mich zuletzt!», antwortet er mit Vehemenz auf die Frage nach dem Ruhestand. Nicht, dass es dem passionierten Jäger, Fischer, Forstarbeiter, Obstbauer – und seit Kurzem Mitbetreiber eines kleinen Kiosks – an Hobbys fehlt. «Es ist einfach imposant, was sie leisten. Weit mehr als die Honigproduktion», verweist Stirnimann auf den Nutzen der Honig- und Wildbienen für die Landwirtschaft; die Bestäubung von Obstkulturen und anderen Nutzpflanzen. Gemäss der Forschungsanstalt Agroscope beträgt der schweizweite «Gegenwert» dafür rund 350 Millionen Franken pro Jahr.Mit 14 kaufte sich Albert Stirnimann die ersten beiden Bienenvölker, gegen den Willen des Vaters und mit Geld, das er sich von seiner Tante lieh. Für ihn eine der besten Investitionen seines Lebens – auch weil er nach der Übernahme des elterlichen Betriebs die Nutztierhaltung aufgab und ganz auf Obstkulturen setzte.
Bienen in Zahlen
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300 Bilder pro Sekunde können Bienen wahrnehmen. Im Gegensatz zum Menschen (ca. 65 Bilder/s) sehen Bienen Bewegungen besser, was bei der Orientierung im Flug hilft.
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Aus 60 000 Tieren besteht ungefähr ein Bienenvolk. Nur die Königin lebt mehrere Jahre, eine normale Arbeiterin hingegen gerade mal vier Wochen.
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So schnell wie der Verkehr innerorts: 50 km/h fliegt eine Arbeiterin maximal.
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Rund zwei Mal um die Erde fliegt eine Biene für ein Kilogramm Honig. Pro Tag legt sie mehrere Kilometer zurück – mit fast so viel Nektar oder Honigtau, wie sie selbst wiegt